Reisetagebuch, Teil 14
25. Juli, Revelstoke
…Ärmel hoch krempeln und los gehts…nampf,nampf…
Mitten in der Nacht kam mir in den Sinn, dass meine letzte Hepathis A&B – Impfung noch zu machen ist. Also fahren wir am Morgen in das auf dem Wege liegende Krankenhaus und fragen mal nach. Vom einen Schalter werden wir an den nächsten weiter geschickt. Schliesslich meint die Schalterangestellte, hier können sie das nicht machen, aber sie hätte uns eine Telefonnummer, wo wir uns melden können, um nachzufragen. Freundlicherweise durfte ich ihr Telefon benutzen. Weiter wurde mir mitgeteilt, dass nur jeweils Montag abends Impfungen durchgeführt werden. Super, heute ist Mittwoch…und ich benötige ja NUR eine Spritze…was ist daran sooooooooooooo kompliziert??? Nicht einmal ein Spital ist in der Lage mir EINE Spritze zu machen???
Die nette Frau am Schalter setzt alle Hebel in Bewegung und telefoniert rum. Schliesslich sollen wir den Impfstoff in einer Apotheke kaufen (60 Dollar) und des weiteren gibt sie uns eine Adresse an, wo wir (resp.: ich) dann diese Spritze verpasst kriegen sollten…gesagt, getan…Mit dem frisch gekauften Impfstoff gehen wir zu diesem Health-Center, oder wie sich diese wahrscheinlich private Institution auch immer nennen mag. Beim Anmelde-Schalter sitzt schon mal eine Dame beschäftigt mit Telefonieren, Kaffeetrinken und Essen in sich hineinstopfen. Zwischendurch, so beiläufig redet sie mit mir, gibt mir ein Zettel zum Ausfüllen und meint: kostet 100 Dollar! “100 Dollar” nur für das, dass ich die Impfung noch selber besorgen musste und nur für das, dass mir nun irgendjemand diese Spritze in den Oberarm jagt?”…Ja, 100 Dollar, bezahlt ja eure Krankenversicherung”, so ihre Antwort. Ich überlege mir wirklich kurz, ob ich mir diese Spritze nicht einfach selber verpassen sollte, schliesslich kapituliere ich, und gebe schweren Herzens diese 100 Dollar aus, für das, dass ich danach eine Spritze kriege
Da heute ausnahmsweise mal die Sonne scheint, fahren wir zum Mt.Revelstoke hoch. Die Fahrt soll durch 3 verschiedene Vegetationsebenen führen (merke nicht viel davon…). Oben angekommen kann man einige kleinere Trails machen und für die ganz Faulen: es hat sogar ein kleiner Shuttlebus, der ganz hinauf zur Aussichtsplattform fährt!!! Es erschreckt uns immer wieder…In Kanada scheint es beinahe nur 2 Typen Menschen zu geben: entweder die Sportfanatiker oder die ganz Phlegmatischen, die sich kaum noch rühren, ausser mit einem fahrbaren Untersatz unter dem Po…aber etwas dazwischen gibt es kaum. Unser Motto einmal mehr: NICHT HINTERFRAGEN, NUR WUNDERN!
Oben hat es noch vereinzelt kleine Schneefelder…es ist recht kühl und vereinzelte Gewitterwolken ziehen auf…Es ist sehr schade, denn bei so instabilem Wetter, lassen sich leider nicht wirklich lange Touren planen…so bleibt uns nichts anderes übrig, als uns mit den kleinen Trails zu begnügen…
Als wir wieder vom Berg runterfahren, scheint wieder die Sonne und es ist schlagartig: heiss…Es ist wie Kneippen, wenn es regnet oder bewölkt ist, ist es kalt, wenn die Sonne mit aller Kraft scheint, heiss…so kann es sein, dass wir mehrmals im Tag die Schuhe wechseln und unsere Kleidung immer wieder neu den Temperaturen anpassen müssen…
26. Juli, Weiterfahrt via Golden, zum Joho Nationalpark (Rocky’s). Unser Ziel: der Chanccellor Peak Campground. Wir waren ja schon mal vor Wochen hier (da hat es leider geregnet und am folgenden Tag stand Schneefall bevor), doch es hat uns riesig gefallen, darum wollten wir unbedingt wiederkommen!!! Nur wenige Stellplätze, an einem wunderschönen Flussbett umgeben von einem traumhaften Bergpanorama!!! Bilderbuch mässig…Als wir glaubten, unsere Tagesetappe zu beenden, und wir vom Highway abbiegen wollen, zum Campingplatz…stellen wir voller Schrecken und mit grosser Enttäuschung fest, dass die Zubringerstrasse gesperrt ist. Wir vermuten (wie vielerorts): Überschwemmungen…In Fields, auf dem nächstgelegenen Visitor Center, bestättigt sie leider unseren Verdacht. Die Anlage soll die gesamte Saison gesperrt bleiben …aus unser Traum…
…so verbringen wir die folgenden Nacht an einem weniger idyllischen Ort, aber wir sind froh, dass wir ein Plätzchen gefunden haben, die Fahrt zu unterbrechen. Nun wissen wir, was es heisst, in der Hauptsaison in den Rocky’s zu sein: volle Strassen und volle Campgrounds…vorher waren wir fast alleine, nun, mit dieser Masse von Menschen geht leider auch ein bisschen der Charme verloren…aber dennoch, diese blühenden Wildblumen überall, sind der Hammer!!!
Wir lassen es uns mal wieder gut gehen und Patrick grillt bei strömendem Regen feine Pouletstückli
27. Juli…Die Nacht war bitterkalt, nicht viele Grad plus…Eingehüllt in eine kuschlige Decke, Schlafsack, Socken und volle Montur, ging es aber…Seit wir seit 4 Nächten wieder im Auto (nicht mehr im Zelt) schlafen, macht uns der Regen viel weniger aus und wir sind morgens wieder etwas ausgeruhter…
Die Fahrt führt uns zuerst zum Emerald Lake dann Richtung Lake Louis, zum Kootenay NP. Sobald die Sonne scheint, wärmt es und gleich wieder und wir könne die Heizung im Auto abstellen. Bei dem Marble Canyon machen wir wieder einen schönen Trail. Der Weg bietet immer wieder tolle Blicke auf die Schlucht und die Steinformationen (leider zu dunkel zum Fotografieren). Rundherum ein “Wald-Friedhof”. Im 2003 herrschte hier 40 Tage lang ein heftiges Feuer und eine riesige Wäldfläche wurde vernichtet, bevor die Feuerwehrleute die Flammen eindämmen konnten…Unglaublich…Das Schlimmste daran: zu 80% werden solche Brände durch das Fehlverhalten von Menschen verursacht. Eindrücklich ist wiederum, wie frisch und kräftig alles wieder neu wächst und sich dem Himmel empor streckt…aber bis es wieder so eine grosse Tanne/Wald ist, benötigt es noch sehr viele Jahre…Es gibt ja auch diese “gesunden” Waldbrände, die es benötigt, um all die Schädlinge zu vernichten, damit der Wald, das Holz, gesund bleibt und sich nicht weiter verschleppt, um all den intakten Baumbestand anzustecken und zu gefährden…wie bei einer Grippe oder einem Virus…
Da wir heute noch nichts gegessen haben (am Morgen war es zu kalt, nass und ungemütlich) machen wir nach dem Mittag an einem schönen Schattenplatz Rast und kochen uns leckere Fried Noodles…doch schon beginnt es wieder zu regnen…Das Wetter ändert hier wirklich P-E-R-M-A-N-E-N-T!!!… von Minute zur Minute, kann es manchmal innert Kürze umschlagen…
Wir finden einen Schlafplatz in der Nähe von Radium Hot Springs, dem Dry Gulch Prov. Park. Am Abend geniessen wir noch ein herrlich warmes Bad bei den heissen Quellen. Das Bad selber ist nicht wirklich reizvoll und voller Touristen, aber trotzdem eine Wohltat…wir fühlen uns wieder so richtig gereinigt und so richtig müde, dass wir die kommende Nacht herrlich schlafen…
28./29./30. Juli…Auf einer Schotterstrasse, ca. 30km (one way), fahren wir zum Whiteswan Lake & Alces Lake hoch. In diesem Gebiet befinden sich 5 Prov. Parks und wir sind sehr überrascht, obwohl sie so abgelegen sind, dass sie so gut belegt sind. Die erste Nacht müssen wir daher am White River PP vorlieb nehmen. Aber am Sonntag morgen machen wir uns erneut auf die Pirsch, um einen guten Platz direkt am See zu ergattern. Natürlich haben wir Glück Aber das Allergenialste ist, dass sich nur ca. 4 km entfernt natürliche heisse Quellen befinden. Die Lussier Hot Springs, stinken zwar enorm nach Schwefel, aber sind wirklich so idyllisch, wie wir uns das immer vorgestellt haben: mit grossen Natursteinen wurden verschiedene kleine Pools, mit versch. Wassertemperaturen angelegt, direkt neben dem Fluss…umgeben von Natur pur…herrlich!!! Am letzten Morgen, an unserem Abreisetag, haben wir die Pools sogar für uns ganz alleine
Eigentlich ich für mich alleine, denn Patrick stinkt der Schwefel zu stark…mich stört es nicht…
Die beiden See’s sind wirklich sehr schön gelegen, nur: wir fangen leider keine Fische daher sind wir fast gezwungen, dass wir wieder weiterziehen müssen, um unsere Vorräte aufzustocken…ausser, wenn wir uns mit Nudelsuppen zufrieden geben, hätte es schon noch ein Weilchen gereicht…aber unsere feinen Frischprodukte sind “aus die Maus”…zu viel auf einmal können wir ja leider nicht einkaufen, weil wir zum Kühlen nur gerade eine Kühlbox zur Verfügung haben…aber kein Problem, im Improvisieren sind wir ja sehr gut…
Manchmal (zum Scherz) haben wir uns schon gefragt: wie wohl ein Eichhörnchen schmeckt (gibt’s hier Massenweise)? Vor allem, wenn uns wieder so ein süsser Fratz in voller Lautstärke beschimpft. Ich drohe ihm dann: Ruhe, sonst wirst du gegrillt! Erstaunlicherweise (oder doch eher Zufall???) hilft es manchmal. Immerhin essen sie in Südamerika auch Meerschweinchen und die sollen ganz lecker schmecken…
Das Wasser der beiden Seen ist wunderschön warm und glasklar…darum konnte ich leider auch die hässlichen Blutegel darin entdecken…Kein Paradies ohne Schattenseiten…
31. Juli…Um unsere Lebensmittelvorräte aufzustocken müssen wir wieder 30 km Schotterstrasse zurück zum Highway fahren und dann nochmals einen Umwege von ca. 40 km (one way), nur um ein Geschäft zu finden. Also fahren wir heute locker zusätzliche 100 km nur wegen ein paar frischen Lebensmitteln Für uns Schweizer unglaublich und unvorstellbar, aber hier ganz normal. 100 km sind in Kanada nichts, die Distanzen sind einfach enorm und weit & breit gibt es nichts… dafür fahren auch alle Kanadier massiv über der Fahrgeschwindigkeit, soviel zu dem entspannten Fahrstil der Kanadier, wo in jedem Reiseführer sooooooooooo gelobt wird…Also die paar Seltenen, Entspannten, haben wir noch kaum gesichtet…Ich bemühe mich so ziemlich die Geschwindigkeit einzuhalten, aber JEDER überholt mich in rasantem Tempo! Dass ist gar nicht nett, alle lassen mich einfach alleine zurück
Zufälligerweise ist eine Karte mit diversen Forest Camp Grounds (oft kostenlos) in unsere Hände gekommen. Auf Grund dieser Karte, mit wenig genauen Angaben, versuchen wir nun so einen Campeground zu finden. In der Regel sind sie sehr schön an einem See oder Fluss gelegen und sehr grosszügig angelegt. Das Glück ist mal wieder auf unserer Seite und wir finden den Larchwood Lake FCG auf Anhieb und ergattern den letzten Platz direkt am See…
Unser abendfüllendes Programm: Wir sitzen nach dem Abendessen “gemütlich” auf unseren bequemen Klappstühlen (Geschenk von Eileen & Dick ) & wollen noch ein Glässlein (eigentlich nur ein Pappbecher) Wein geniessen. Leider kommen wir beinahe nicht dazu, oder noch schlimmer: wir verschütten die Hälfte, weil wir einen Wettbewerb gestartet haben: wer erschlägt am meisten Mücken!!! Irgendwann kapitulieren wir und flüchten in unser Auto, dort geht das “Vergnügen” weiter. Schön ruhig sein, kaum bewegen und wenn wir das Surren hören, wird gnadenlos zugeschlagen…in der Hoffnung: dass wir wenigstens nachts von diesen Biestern Ruhe haben…im Dunkeln wir dieses Spiel aber um mindestens eine Stufe noch erschwert!!! Es ist nicht zu glauben, wie viele Mücken sich in so ein Auto verirren können!!! Was wir zu jenem Zeitpunkt noch nicht wissen: es gib eine schlaflose Nacht!!!….böse, lästige Mücken!!!
Heute Abend ist noch Rush hour, das heisst, die letzten freien Plätze werden noch reserviert, resp. blockiert. Wir haben gehört, dass das nächste Wochenende irgend ein Feiertag sein muss und es daher ein verlängertes Wochenende gibt. Heute ist erst Dienstag, aber in Kanada läuft das so, dass die Plätze jetzt bereits schon mittels Stühlen, Zelten oder ihren Campern , reserviert werden…am Freitagabend oder im Laufe des Samstags findet sich dann die Partygesellschaft ein und es wird getrunken und gefeiert…
Noch so ein Phänomen: Die Familien sitzen oft den ganzen lieben Tag gemütlich in ihren super bequemen Stühlen, auf ihrem kleinen Grundstück, rund um ihren Camper. Sie bewegen sich den ganzen Tag kaum vom Fleck…Auf den Campgrounds ist in der Regel zwischen 10pm und 7 am “Nachtruhe”. Es ist kein Feuer mehr erlaubt, kein Lärm, etc….Nur, es hält sich eigentlich niemand daran. In der Regel wird erst mal nach 9 pm mit dem Holzhacken fürs allabendliche Lagerfeuer begonnen und dann geht langsam die Party erst los…und mit je mehr Alkohol steigt sowieso der Lärmpegel…